Differentialdiagnosen

bezeichnet eine Entzündung und Demyelinisierung im Hirn, bei der oft auch eine Entzündung im Rückenmark auftreten kann. In manchen Fällen kann auch der Optikusnerv betroffen sein. ADEM kann nach einer bakteriellen oder viralen Infektion (post-infektiös) oder nach einer Impfung (post-vakzinal) auftreten. Die Demyelinisierung im Hirn unterschiedet sich von einem demyelinisierenden MS-Anfall: die Läsionen der weißen Substanz neigen dazu, diffus zu sein. ADEM verläuft meist monophasisch, allerdings gibt es auch wiederkehrende Varianten der ADEM. Es kann sich durch Kopfschmerzen oder Krampfanfälle bemerkbar machen und zu Sehverlust führen. Die Involvierung des Rückenmarks entspricht dem Verlauf der transversen Myelitis, ebenso wie die betreffenden Symptome. ADEM kommt häufiger bei Kindern als bei Erwachsenen vor. Antikörper gegen Myelin-Oligodendrozyten-Glykoprotein (Anti-MOG) wurden bei Patienten mit ADEM-Diagnose nachgewiesen.

Für Patienten, bei denen Anti-MOG anhaltend nachgewiesen wird, ist die Wahrscheinlichkeit größer, dass Rückfälle auftreten. Weitere Informationen über Anti-MOG finden Sie in folgendem m Abschnitt über MOG-Antikörper-assoziierte Erkrankungen.

sind neuroinflammatorische Zustände, die vorwiegend Entzündung des oder beider Sehnerven, aber auch Entzündungen des Rückenmarks und Hirns verursachen können. Das Myelin-Oligodendrozyten-Glykoprotein (MOG) ist ein Protein, das sich an der Oberfläche der Myelinscheiden des zentralen Nervensystems befindet. Die Funktion dieses Glykoproteins ist nicht genau bekannt, doch das MOG stellt bei dieser Erkrankung ein Angriffsziel des Immunsystems dar. Die Diagnose wird bestätigt, wenn bei Patienten, die wiederholte Entzündungsanfälle des zentralen Nervensystems erlitten haben, MOG-Antikörper im Blut nachgewiesen werden. Bei Patienten mit einer MOG-Antikörper-assoziierter Erkrankung kann zuvor die Diagnose Erkrankung aus dem Formenkreis der NMO (NMOSD), Transverse Myelitis (TM), akute disseminierte Enzephalomyelitis (ADEM), Optikusneuritis (ON) oder Multiple Sklerose (MS) gestellt worden sein, weil das verursachte Entzündungsmuster Schädigungen von Gehirn, Rückenmark und Sehnerv umfasst. Bei Patienten mit anhaltend positiven MOG-Antikörpern besteht Rückfallrisiko. Patienten mit MOG-Antikörper-assoziierter Erkrankung haben ein negatives Testergebnis für den NMO-Antikörper Aquaporin 4 (AQP-4). Es wird daher angenommen, dass MOG-Antikörper-assoziierten Erkrankungen und AQP-4-positiven NMOSD unterschiedliche immunologische Mechanismen zugrunde liegen.

bezeichnet einen entzündlichen Anfall, der sich an beliebiger Stelle im zentralen Nervensystem zutragen kann (Hirn, Rückenmark und/oder Optikusnerv). Hirnläsionen beim Einsetzen oder während des frühen Verlaufs der Krankheit sind häufig. Die Läsionen im Hirn folgen meist einem bestimmten Muster, allerdings können sie auch an jeder Stelle in der weißen Substanz auftreten. MS bezeichnet mehr als eine Episode (d.h., wiederkehrende Anfälle) und multiple Episoden, die sich an verschiedenen Stellen des ZNS zutragen können.

Bei Erkrankungen aus dem Formenkreis der NMO (NMOSD) ereignen sich die immunvermittelten entzündlichen Anfälle im Rückenmark und/oder im Sehnerv (Optikusnerv). Für eine Person mit NMOSD besteht das Risiko wiederholter Entzündungsanfälle des Rückenmarks, des Optikusnervs oder beider. Das Hirn ist in der Regel nicht betroffen, das ist aber nicht immer der Fall. NMOSD ist typischerweise gekennzeichnet durch längs ausgedehnte transverse Myelitis (eng.: longitudinally extensive TM = LETM, eine Myelitis, die 3 oder mehr Wirbelkörpersegmente betrifft), die den Patienten beim Ausbruch stark entkräften kann, sowie ein- oder beidseitiger Optikusneuritis. Es ist ein Bluttest auf NMOSD namens NMO-IgG verfügbar. Der Test ist höchst spezifisch (>99%) und seine Sensitivität variiert zwischen 48-72%, in Abhängigkeit vom verwendeten Assay. Antikörper gegen Myelin-Oligodendrozyten-Glykoprotein (Anti-MOG) wurden bei Patienten mit NMOSD-Diagnose nachgewiesen. Patienten mit MOG-Antikörper-assoziierter Erkrankung haben ein negatives Testergebnis für den NMO-Antikörper Aquaporin 4 (AQP-4). Es wird daher angenommen, dass der MOG-Antikörper-assoziierten Erkrankung und der AQP-4-positiven NMOSD unterschiedliche immunologische Mechanismen zugrunde liegen. Weitere Informationen über Anti-MOG finden Sie im Abschnitt über MOG-Antikörper-assoziierte Erkrankungen.

Die Optikusneuritis (ON) bezeichnet einen demyelinisierenden Anfall des oder der Sehnerven (Optikusnerv). Bei der isolierten ON besteht keine Beteiligung des Hirns oder Rückenmarks. Eine ON-Episode kann ein erster Anfall der MOG-Ak-Erkrankung, von NMOSD oder ein erster MS-Anfall sein. Eine sorgfältige Differentialdiagnostik ist wichtig. Eine Person kann ON oder wiederkehrende ON haben und nie einen Anfall im Rückenmark oder Hirn erleiden.

Die transverse Myelitis (TM) ist ein immunvermittelter entzündlicher Anfall, der sich auf das Rückenmark auswirkt. Manchmal hat die Entzündung keine klare Ursache und wird als idiopathische (ohne erkennbare Ursache auftretende) TM bezeichnet. Mit großer Wahrscheinlichkeit handelt es sich bei diesen Fällen um post-infektiöse Ereignisse, aber das kann schwer nachzuweisen sein. In der Regel treten bei einer idiopathischen TM keine Rückfälle oder weiteren entzündlichen Ereignisse mehr auf. In anderen Fällen ist die TM Teil eines größeren Autoimmunvorgangs, etwa MOG-Ak-Erkrankung, NMOSD, MS, Sarkoidose, Sjögren-Syndrom, Lupus erythematodes oder ADEM. Wird ein Patient mit TM eingeliefert, so sollte sich die klinische Betreuung darauf konzentrieren, die Entzündung akut zu reduzieren und nach einer zugrundeliegenden Ursache zu suchen.

In seltenen Fällen kann sich mehr als ein entzündlicher Anfall ereignen: das nennt man wiederkehrende TM (en., recurrent transverse myelitis (RTM). In jeder einzelnen Episode erfolgt der entzündliche Anfall nur im Rückenmark. In diesen Episoden gibt es keine Beteiligung von Hirn oder Optikusnerv(en). Es ist in diesen Fällen wichtig, den Ort des entzündlichen Anfalls im Rückenmark zu identifizieren; die Diagnose kann sich nicht allein auf klinische Symptome stützen, da eine Verschlechterung der Symptome unabhängig von einem neuen Anfall im Rückenmark möglich ist. Es ist ebenfalls wichtig festzustellen, dass es sich beim aufgetretenen Anfall um einen einmaligen Anfall handelt, der nicht mit einem ungelösten anfänglichen Anfall in Zusammenhang steht. Wenn ein Patient z.B. einen entzündlichen Anfall erleidet und die Entzündung sich nach zwei Wochen verschlimmert, dann wird dies nicht als zweiter Anfall angesehen. Damit ein Anfall als Folgeanfall angesehen werden kann, muss sich der erste Anfall erst vollkommen auflösen und der folgende Anfall nach dieser Auflösung auftreten. Bei allen Personen mit wiederkehrender TM muss eine MOG-Ak-Erkrankung und NMOSD ausgeschlossen werden. Es sollte auch eine eventuell zugrunde liegende rheumatische Erkrankung ausgeschlossen werden.

Akute schlaffe Myelitis (Acute Flaccid Myelitis - AFM) ist eine Variante oder ein Untertyp der transversen Myelitis. AFM ist eine Entzündung des Rückenmarks und ist in der Regel durch einzigartige klinische und MRT-Merkmale gekennzeichnet, die nicht der klassischen transversen Myelitis entsprechen. Die AFM-Anomalien im MRT finden sich vorrangig in der grauen Substanz des Rückenmarks.